Das Coronavirus und Lebens­mittel­unverträglich­keiten

Nachdem man die Gefahr, die vom Corona­virus SARS-CoV-2 ausgeht, lange unterschätzt hat, sind die Maß­nahmen, die aktuell ergriffen werden natürlich umso er­­schreckender. Uns erreichen in letzter Zeit vermehrt Anfragen von verunsicherten Menschen, die an einer oder mehreren Lebens­mittel­unverträglich­keiten leiden und wissen möchten, ob sie einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind.

Coronavirus und Histaminintoleranz

Die ehrliche Antwort ist: Man weiß das derzeit noch nicht, dazu sind die Erfahrungen mit dem Virus noch viel zu gering. Aus den bislang bekannten Daten kristallisieren sich aber einige Risiko­gruppen heraus, die auch ausführlich auf den Seiten der Bundesregierung und des Robert-Koch-Instituts zusammen­gefasst sind:
  • Bluthochdruck
  • Diabetes
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Chronische Leber­erkrankungen
  • Chronische Atemwegs­erkrankungen
  • Geschwächtes Immun­system
  • Krebs
  • Starkes Übergewicht
Bislang werden dort weder Allergien noch Nahrungs­mittel­unverträglich­keiten als spezielles Risiko eingestuft, da aber in vielen Fällen Begleit­erkrankungen im Spiel sind, sollte man die Listen in regelmäßigen Abständen durchsehen.


Was gibt es bei der Corona-Impfung zu beachten?


In einem beispiel­losen weltweiten Kraft­akt wurden mittler­weile mehrere effektive Impf­stoffe gegen das Corona-Virus entwickelt. Es gab bei Impf­stoffen auf mRNA-Basis einige wenige Fälle, wo es zu allergischen Reaktionen auf den Impfstoff kam (Quellen: The Guardian und CNN.com), wodurch viele Allergiker extrem verunsichert wurden. Allerdings ist es auch sehr positiv zu bewerten, dass diese Fälle von Anfang an sehr offen kommuniziert wurden. Inzwischen wurden bereits mehr als 100 Mio. Menschen weltweit mit einem mRNA-Impfstoff geimpft und man kann das Risiko deutlich besser einschätzen.

Prinzipiell ist bei Impfungen immer bei einem geringen Prozentsatz der Geimpften mit Neben­wirkungen zu rechnen. Man geht davon aus, dass bis Ende 2021 weltweit mehr als 1 Mrd. Menschen geimpft werden, deswegen wird es schon allein aufgrund der gigantisch großen Anzahl an Menschen auch immer wieder Berichte über Neben­wirkungen geben. Lassen Sie sich davon aber nicht entmutigen: Die Gefahr, die von einem schweren Krankheits­verlauf von Covid-19 ausgeht, wiegt mit Sicherheit um einiges schlimmer als eventuelle Neben­wirkungen einer Impfung.

Seit kurzem sind die ersten Covid-Impfstoffe in der EU zugelassen, und der Prozess rund um die Reihen­folge bei der Impfung wurde festgelegt. Falls Sie selbst Allergiker sind und bereits anaphylaktische Schocks hatten, sollten Sie das Thema auf jeden Fall aufmerksam verfolgen und sich darauf einstellen, dass die aktuell verwendeten m-RNA-Impfstoffe von Pfizer/BioNTech und Moderna für Sie möglicherweise nicht empfohlen werden. Die Impfstoffe anderer Hersteller könnten in diesem Fall besser geeignet sein. Jeder Impfung in einem Impf­zentrum geht aber ein persönliches Beratungs­gespräch voraus. In Tabelle 1 finden Sie einen Überblick über alle Impfstoffe, die bereits verimpft werden oder deren Zulassung derzeit geprüft wird.

ImpfstoffTechnologieAnteil der Impfungen
Pfizer/BioNTech
Comirnaty
mRNA mit Lipid-Nanopartikeln (PEG)71,4 %
Moderna
Elasomeran
mRNA mit Lipid-Nanopartikeln (PEG)17,3 %
AstraZeneca
Vaxzevria
Vektorimpfstoff
(modifizierte Adenoviren)
8,3 %
Johnson & Johnson
Janssen
Vektorimpfstoff
(modifizierte Adenoviren)
3,0 %
Novavax
Nuvaxovid
aufgereinigte virale Proteine
(Wirkverstärker auf Saponinbasis)
0,0 %
Sinovac Biotech
CoronaVac
Totimpfstoff
(inaktiviertes Virus)
-*
Gamaleja-Institut
Sputnik V
Vektorimpfstoff
(modifizierte Adenoviren)
-*
CureVac
Zorecimeran
mRNA mit Lipid-Nanopartikeln (PEG)-*
Tabelle 1: Übersicht über die viel­versprechend­sten Corona-Impfstoffe und ihre zugrunde liegenden Technologien. Die Prozent­angaben geben den Anteil der Impfungen bei bereits zugelassenen Impf­stoffe in Deutschland an [Quelle: Impfdashboard.de]. Die mit einem * gekenn­zeichneten Impf­stoffe sind noch nicht zugelassen (Stand 14. Januar 2022).


Offizielle Stellung­nahmen zu mRNA-Impf­stoffen


Mittlerweile gibt es zum Thema Impfen bei Allergikern auch eine Stellungname vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI): Als Auslöser für schwere unerwünschte Reaktionen kommen der Impfstoff selbst, oder aber die verwendeten Hilfs­stoffe in Frage, hier wird z. B. Polyethlyen­glykol (PEG) genannt, das als Träger­stoff bei den oben genannten mRNA-Impf­stoffen dient. PEG hat außerdem die Funktion die Bildung von Abwehr­zellen anzuregen, indem es das Immun­system provoziert. Die Reaktion kann bei manchen Menschen allerdings so stark ausfallen, dass es zu einem anaphylaktischen Schock kommt. Solche pseudo­allergischen Reaktionen (also nicht-IgE-vermittelt) sind von anderen PEG-haltigen Arznei­mitteln bekannt. Allerdings sieht das Institut derzeit bei Allergien gegenüber Lebens­mitteln und Medikamenten keine generelle Kontraindikation gegen eine Impfung.

Auch von der amerikanischen Gesundheits­behörde CDC gibt es seit kurzem genauere Angaben zu den aufgetretenen schweren allergischen Reaktionen beim Impfstoff von Moderna. Nach mehr als vier Millionen verabreichten Impf­dosen kam es demnach zu 10 schwer­wiegenden allergischen Reaktionen, von denen allerdings keine einen tödlichen Verlauf nahm. Betroffen waren den Informationen zufolge bislang aus­schließlich Frauen (Quelle: ZDF).

Leider fehlen bislang noch wichtige Daten, um das Risiko für Menschen mit Mastozytose, Mastzell­aktivierungs­syndrom, basal erhöhten Tryptase­werten oder Urtikaria abzuschätzen. Einige spezialisierte Kliniken, wie beispiels­weise das Malteser Wald­kranken­haus St. Marien, empfehlen für Betroffene dieser Krank­heiten zusätzliche Vorsichts­maßnahmen. Die Stellung­nahme können Sie hier nachlesen.

Nur bei bekannten Allergien oder Unverträg­lichkeits­reaktionen gegen Inhalts­stoffe des Covid-19-Impf­stoffes muss nach derzeitiger Daten­lage von einer Impfung abgesehen werden.


Was ist mit anderen Impfstoffen?


Neben den neuartigen mRNA-Impf­stoffen gibt es auch Impf­stoffe, bei denen modifizierte Viren dazu benutzt werden, das Immun­system zur Bildung von Anti­körpern anzuregen. Hier ist z. B. der Impf­stoff von Astra Zeneca zu nennen, der als dritter Impf­stoff in der EU zuge­lassen wurde. Diese sog. Vektor­impfstoffe verwenden kein PEG. Sie werden durch ein lange erprobtes Verfahren hergestellt, das z. B. auch bei der Entwicklung der Grippe­impfung eingesetzt wird. Bei Vektor­impfstoffen kann es theoretisch auch zu allergischen Reaktionen auf die Inhalts­stoffe kommen. Eine allergische Reaktion auf andere, ähnlich hergestellte Impf­stoffe wäre in diesem Fall also eine klare Kontra­indikation.


Astra Zeneca und Hirn­venen­thrombosen


Aktuell gibt es großen Aufruhr um den Impf­stoff von Astra Zeneca, weil es in einigen Fällen nach der Impfung zu Hirn­venen­thrombosen und auch zu vereinzelten Todes­fällen kam. Das Paul-Ehrlich-Institut berichtet von 13 Fällen bei über 1,6 Mio. Impfungen. Die Fälle traten haupt­sächlich bei Frauen unter 55 Jahren auf und die Impfung wurde deswegen vorerst auf die Alters­gruppe 60+ begrenzt (Quelle: PEI). In Groß­britannien, wo bereits über 18 Mio. Menschen mit diesem Impf­stoff geimpft wurden, gab es nur vergleichs­weise wenige vergleich­bare Fälle, weil dort bislang hauptsächlich ältere Menschen geimpft wurden (Quelle: Guardian).

Mittler­weile weiß man mehr zu den Ursachen. Forscher der Uniklinik Greifswald fanden heraus, dass es in extrem seltenen Einzel­fällen zu einer Abwehr­reaktion auf den Impf­stoff, bei der Blut­plättchen aktiviert werden, die normaler­weise bei der Wund­heilung zum Einsatz kommen und Blut­gerinnsel im Gehirn verur­sachen (Quelle: GTH). Glücklicher­weise kann man die Gerinnsel medikamentös behandeln, aber durch das ständige Hin- und Her in den Medien wurde leider auch viel Vertrauen zerstört. Trotzdem sollte man sich nicht verun­sichern lassen und den Empfehlungen des PEI folgen. Personen ab 60 Jahren, denen Astra Zeneca angeboten wird, sollten sich impfen lassen. Es ist auch hier positiv, dass die Fälle offen kommuniziert werden und auch zu einer Anpassung der Impf­empfehlungen führten.

Beim Vektorimpfstoff von Johnson & Johnson ist das Thromboserisiko übrigens mit einem Fall pro 1 Mio. Impfungen nur unwesentlich höher als das von nicht-geimpften Personen und etwa um den Faktor 10 niedriger als bei Astra Zeneca, bei dem das Risiko bei 1:112.000 liegt. (Quelle: Technology Review)


Nebenwirkungen beim Impfen selten


Insgesamt ist die Zahl der schweren Neben­wirkungen bei allen Impfstoffen nur sehr gering und steht in keinem Verhältnis zu den Risiken, die durch einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung zu erwarten sind. In den Impf­zentren ist man auf jeden Fall auf einen anaphylaktischen Schock vorbereitet, so dass selbst in diesem unwahrschein­lichen Fall keine länger­fristigen Konse­quenzen zu erwarten sind. Man wird hier auch ausführlich über die Risiken bei anderen Impf­stoffen (z. B. Astra Zeneca) aufge­klärt.

Deswegen sollten Sie sich auf jeden Fall impfen lassen, wenn Sie können, allein schon, um dem Risiko von langfristigen Nachwirkungen einer Corona-Erkrankung (auch bekannt als Long-Covid) vorzu­beugen. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in diesen Artikel!


Sind Sie von Lebens­mittel­unverträglich­keiten betroffen?

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Tipps für Betroffene mit Atemwegs­erkrankungen


Für Pollen­allergiker besteht laut der europäischen Allergiestiftung ECARF kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19, man sollte aber unbedingt seine Medikamente weiter einnehmen.

Für Asthmatiker gilt: Das Virus kann Asthma­beschwerden verstärken und Anfälle auslösen, auch wenn vorher länger keine Symptome sichtbar waren. Betroffene, die ihre Dauertherapie ausgesetzt haben, sollten sich an ihren Pneumologen wenden und die Therapie wieder aufnehmen.

Notfall­medikamente sollten, auch wenn sie jahre­lang nicht benötigt wurden, zuhause vorrätig und aktuell sein. Die gute Nachricht ist hier: Aktuelle Daten deuten an, dass medikamentös gut eingestellte Asthmatiker nicht häufiger an COVID-19 sterben als andere Patienten derselben Alters­gruppe (Quelle: The Guardian).

Falls Sie Raucher sind, ist vermutlich das Aufhören die beste Einzel­maßnahme, die man ergreifen kann, um sein Risiko zu senken. Bedenken Sie außerdem das Risiko durch regel­mäßiges Passiv­rauchen.


Vorsorge für den Ernstfall


Bitte informieren Sie sich in regelmäßigen Abständen über aktuelle Entwicklungen. Als junger Mensch ist man bei Weitem weniger häufig von Komplikationen betroffen, dennoch sollte man für den Fall der Fälle, dass man medizinische Betreuung benötigt, gut vorbereitet sein.
  • Halten Sie Ihre medizinischen Unter­lagen bereit.
  • Machen Sie eine Vertrauens­person mit Ihrer Krankheits­geschichte vertraut.
  • Kümmern Sie sich rechtzeitig um eine Patienten­verfügung und eine Vorsorge­vollmacht (weitere Informationen finden Sie hier).
  • Als Risiko­­patient macht es Sinn, mehrere kleine Einkäufe zusammen­­zulegen und größere Vorräte zu kaufen, um die Zahl der sozialen Kontakte zu minimieren.
  • Je eingeschränkter die eigene Ernährung ist, desto mehr sollte man relevante Lebens­mittel bevorraten. Auch wenn keine allgemeinen Versorgungs­­engpässe zu erwarten sind, heißt das nicht, dass speziellere Lebens­mittel nicht ausgehen können.
  • Wenn Sie an einer Pollen­allergie leiden, sollten Sie besonders auf den aktuellen Pollenflug­kalender achten.
  • Sorgen Sie für einen Vorrat an notwendigen Medi­kamenten. Man kann bei vielen Ärzten Rezepte telefonisch bestellen, solange man im Quartal schon mal da war.
Falls bei Ihnen die typischen Symptome wie Atem­not, Husten oder Fieber auftreten, kontaktieren Sie rechtzeitig Ihren Haus­arzt oder rufen Sie die Nummer des ärztlichen Bereitschafts­dienstes 116 117 an (am besten aus dem Festnetz, da die bundesweite Rufnummer häufig überlastet ist). Der plötzliche Verlust von Geruchs- und Geschmacks­sinn kann ein frühes Symptom einer Infektion sein. Falls Sie ein Risko­patient sind und dies bemerken, lassen Sie sich testen!


Wo kann ich mich über die COVID-19-Erkrankung informieren?


Leider kursieren aufgrund der großen Verunsicherung zahlreiche Falsch­informationen, zum Teil auch deswegen, weil sich Laien an die Interpretation komplizierter Studien machen und sich die Presse mit dramatischen Schlagzeilen überschlägt. Wir möchten uns daran nicht beteiligen und stellen deswegen an dieser Stelle Links zu verlässlichen Informations­quellen zum Thema Coronavirus SARS-CoV-2 bereit.

Für besonders interessant halten wir den regel­mäßigen Podcast mit dem Virologen Christian Drosten, in dem unaufgeregt und leicht verständlich aktuelle Informationen zum Thema behandelt werden.



Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, dem sei das Epidemiologische Bulletin 02/2021 vom RKI empfohlen, in dem Sie auf mehr als 120 Seiten ausführliche Informationen zu den Impf­stoffen finden, zur aktuellen Studien­lage, welche Risiko­gruppen es gibt und welche Über­legungen eine Rolle bei der Fest­legung der Impfreihen­folge spielten.


Ausblick


Leider wird sich die hohe Belastung der Gesundheits­systeme mit Sicherheit negativ auf die Versorgung von Menschen mit schweren Lebens­mittel­unverträglich­keiten auswirken, weil alle Kapazitäten für die Versorgung von Risiko­patienten gebraucht werden.

Die Situation wird wohl lange schwierig bleiben, deswegen sollten Sie sich so gut wie möglich an die allgemeinen Hygieneregeln halten. Wenn Sie zu einer Risiko­gruppe gehören (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen), zögern Sie auf keinen Fall Arzt­besuche unnötig hinaus! Letztendlich gilt: Bleiben Sie ruhig und lassen Sie sich nicht von der Panik anstecken, aber treffen Sie auch gewisse Vorbereitungen.


Update 14.01.2022: Daten zu Impfstoffen aktualisiert.


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