Gute Fette – böse Fette?

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Das Thema Fette in der Ernährung und ihre Aus­wirkungen auf die Gesund­heit wird mittler­weile seit vielen Jahr­zehnten hitzig debattiert. Fette werden, basierend auf ihrer chemischen Beschaffen­heit, generell in drei Kategorien unterteilt: gesättigte Fett­säuren, einfach ungesättigte Fett­säuren und mehrfach ungesättigte Fett­säuren.

Gesättigte Fette stehen in der Kritik

Gesättigte Fette stehen in der Kritik, weil sie die Cholesterin­produktion in der Leber ankurbeln und ein hoher LDL-Cholesterin­spiegel das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Arteriosklerose erhöht. Bereits seit 1961 gibt es die Empfehlung den Verzehr von gesättigten Fetten zu begrenzen, die vor allem in tierischen Produkten wie Butter, Schmalz, fetten Milch­produkten oder fettem Fleisch enthalten sind.

Heute, mehr als 60 Jahre später gibt es leider immer noch viele wider­­sprüchliche Daten. Zahl­­reiche Länder, in denen der Verzehr von gesättigten Fetten sehr hoch ist (wie z. B. Thailand, Indien oder Sri Lanka), zeigen, dass der Zusammen­hang nicht so einfach ist wie man lange dachte, denn diese weisen nur sehr niedrige Raten an Herz­erkrankungen auf. Viele Studien können bei diesem Thema keinen deutlichen Zusammen­hang zwischen dem Verzehr von gesättigten Fetten und dem Auftreten von chronischen Herz­erkrankungen belegen.

Gesättigte Fette erfüllen neben der Zufuhr von Energie sogar wichtige physiologische Funktionen. Einige gesättigte Fett­­säuren unterdrücken Ent­zündungen im Darm oder wirken unter­stützend bei der Beseitigung von entarteten Zellen. Gesättigte Fette sind deswegen keineswegs nur uner­wünschte Bestand­teile in unserer Ernährung.

Trotzdem ist Vorsicht geboten: Die WHO bekräftigte jetzt in einem Review von 2022 – nach Aus­wertung von mehr als 128 Studien, die über einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren veröffentlicht wurden – noch einmal ihre Einschätzung, dass ein zu hoher Anteil an gesättigten Fetten in der Ernährung eine gesundheits­schädliche Wirkung hat.

Warum ist die Studien­lage so wider­sprüchlich?

Was die Aus­wertung der Daten so schwierig macht, ist dass neben den gesättigten Fetten auch der Anteil anderer Makro­nährstoffe berück­sichtigt werden muss, was in der Vergangen­heit leider nicht immer der Fall war. Ersetzt man einen ungünstigen Makro­nährstoff (z. B. gesättigte Fette) durch einen anderen ungünstigen (z. B. Zucker), dann kann das das Ergebnis einer Studie verfälschen.

Die Daten zeigen, dass ein Zusammen­­hang zwischen der Form der verzehrten Kohlen­­hydrate und einem erhöhten Risiko für Herz­­erkrankungen besteht. Kohlen­hydrate mit hohem glykämischen Index können einen negativen Einfluss auf die Zusammen­­setzung der Blut­fette ausüben, wodurch der Anteil an für uns weniger nützlichen oder gar schädlichen Fett­säuren im Blut ansteigt. Schnell verwertbare Kohlen­hydrate aus Weiß­mehl­produkten oder Zucker führen zur Bildung besonders kleiner LDL-Cholesterin-Moleküle, die die Bildung von Fett­­ablagerungen in den Arterien begünstigen. Sie stellen deswegen keinen geeigneten Ersatz für gesättigte Fette dar.

Ersetzt man hingegen einen Teil der gesättigten Fette durch mehrfach ungesättigte Fette oder durch Kohlen­hydrate mit niedrigem glykämischen Index, sinkt das Risiko für Herz­erkrankungen.

Viele Gesundheits­behörden weltweit empfehlen deswegen, nur maximal 10 % der Gesamt­energiezufuhr durch gesättigte Fette zu sich zu nehmen. Das bedeutet, dass man bei einer täglichen Kalorien­aufnahme von 2.000 kcal nicht mehr als 20 g an gesättigten Fetten zu sich nehmen sollte.

Welche Rolle spielen mehrfach ungesättigte Fettsäuren für die Gesundheit?

Mehrfach ungesättigte Fett­säuren haben den Ruf, die „gesunden“ Fette zu sein. Man unterteilt sie noch weiter in Omega-6- und Omega-3-Fett­säuren. Sie sind für uns essentiell und müssen zwingend mit der Nahrung zugeführt werden. Im Gegensatz zu den gesättigten und einfach ungesättigten Fett­säuren ist unser Körper nicht in der Lage, diese Fettsäuren zu synthetisieren.

Omega-3-Fettsäuren

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Abbildung 1: Die wichtigsten Omega-3-Fettsäuren und ihre Quellen im Überblick.
Die Omega-3-Fettsäuren sind besonders wichtig für unsere Gesund­heit. Die dazu gehörenden Fett­säuren Eicosapentaen­säure (EPA) und die Docosahexaen­säure (DHA) sind in erster Linie in fett­reichem Meeres­fisch zu finden und nur in begrenztem Umfang in Fleisch, Milch oder Eiern (vgl. Abbildung 1). Pflanzliche Lebens­mittel enthalten diese mit Ausnahme von Algen gar nicht. Diese Omega-3-Fettsäuren reduzieren zahlreiche Risiko­faktoren, die mit Herz-Kreislauf­erkrankungen assoziiert sind: Sie senken den Blut­druck, reduzieren Entzündungen, sind wirksam bei Asthma, Arthritis, Psoriasis (Schuppenflechte), Depressionen und schützen sogar vor Krebs.

Omega-6-Fettsäuren

Omega-6-Fettsäuren, allen voran die Linol­säure, die die Haupt-Omega-6-Fettsäure in unserer Ernährung darstellt, sind wichtige Bestand­teile der Zellwände. Sie sind entscheidend an der Bildung von Boten­stoffen beteiligt, die eine wichtige Rolle bei Entzündungs­vorgängen in unserem Körper spielen. Die Wirkung von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren ist allerdings sehr gegen­sätzlich. Deswegen ist es äußerst wichtig, dass das Verhältnis zwischen ihnen ausgewogen ist. Führt man dem Körper zu viel Linolsäure zu, werden verstärkt entzündungs­förderliche hormon­ähnliche Signal­stoffe gebildet. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass Omega-6-Fettsäuren schädlich sind, ganz im Gegenteil! Eine langfristige Ernährung mit ungünstigem Fettsäuren­verhältnis könnte aber zur Entstehung chronischer Erkrankungen beitragen. Das Verhältnis von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren ist deswegen verstärkt in den Fokus der Forschung geraten. Bislang weiß man allerdings noch nicht genau, wieviel Linolsäure zu viel ist. Man schätzt, dass ein Verhältnis von etwa 5:1 ausgewogen ist. Momentan liegt dieses Verhältnis in der westlichen Welt aber zwischen 15:1 und 40:1. Viele pflanzliche Öle, z. B. Sonnen­blumenöl, die einen großen Anteil der täglich aufgenommenen Fette ausmachen, weisen ein äußerst ungünstiges Verhältnis von mehr als 200:1 auf!
Einige Pflanzen­öle stehen noch aus einem anderen Grund in der Kritik. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind nicht besonders hitze­stabil und bei hohen Temperaturen, wie sie beim Frittieren herrschen, können Trans­fette und andere äußerst schädliche Oxidations­produkte entstehen. Ein wesentlicher Bestand­teil der Fett­ablagerungen in den Arterien besteht aus diesen oxidierten Fetten. Das ist besonders tragisch, weil der Hauptteil der Omega-6-Fettsäuren in unserer Nahrung aus solchen erhitzten Fetten stammt.

Wie kann man das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren optimieren?

Eine Möglichkeit besteht darin, die Zufuhr von Omega-6-Fetten zu senken, denn so verbessert sich auch automatisch das Omega-6- zu Omega-3-Verhältnis. Das Verhältnis zwischen diesen Fett­säuren ist allerdings als alleiniges Kriterium nicht ausreichend. Es kommt v. a. auf die absolute Menge an aufgenommenen Omega-3-Fettsäuren an, deswegen ist es sinnvoller, den Omega-3-Anteil in der Ernährung zu steigern. Aktuell ist die Einnahme in vielen Ländern auf der Welt nicht ausreichend – man sollte mindestes 250 mg EPA und DHA pro Tag zu sich nehmen, viele Gesundheits­behörden empfehlen sogar eine deutlich höhere Menge von 500 mg.

EPA und DHA sind praktisch ausschließlich in tierischen Produkten enthalten, allerdings kann sie der Körper in begrenztem Umfang aus der Omega-3-Fettsäure α-Linolensäure (kurz ALA) bilden. Bei Männern liegt die Umwandlungsrate allerdings bei unter 5 %, bei Frauen zwischen 5 und 10 %. Als Vegetarier sollte man deswegen besonders auf seine Omega-3-Zufuhr achten und gegebenenfalls unterstützend Algenöl einnehmen. Mehr Informationen zu diesem Thema findest du übrigens in unserem Blog!


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