Enthält Mais viel Salicylsäure oder Salicylate?
04.08.21Histamin Fructose & Co.
Uns erreichen häufig E-Mails von Nutzern, die sich fragen, warum wir Produkte aus Mais in unserer App Histamin, Fructose & Co. nicht als kritische Lebensmittel bei Salicylatintoleranz kennzeichnen. Wir wollen deswegen in diesem Blogartikel erörtern, woher die Aussage stammt, dass Mais viel Salicylat enthalten würde und was an dieser Aussage dran ist.
Den meisten Betroffenen dürfte es nicht bewusst sein, aber die Datenlage zum Salicylatgehalt von Lebensmitteln ist sehr schlecht. Das Thema ist für die meisten Wissenschaftler und Mediziner nicht besonders interessant und deswegen beruhen viele Ernährungsratschläge auch heute noch auf uralten Untersuchungen aus den 1980ern.
Eine der ersten Untersuchungen zum Thema stammt von Robertson und Kermode (1981). In dieser wurden mehr als 40 verschiedene Obst und Gemüsesorten auf ihren Salicylsäuregehalt analysiert, darunter auch verschiedene Arten von Mais. In dieser Untersuchung hatte Dosenmais den höchsten Salicylatwert aller untersuchten Lebensmittel. Hier stammt mit Sicherheit die Aussage her, dass Mais viel Salicylat enthält und deswegen für Menschen mit einer Salicylatintoleranz ein ungeeignetes Lebensmittel sei.
Der Salicylatgehalt von frischem Zuckermais lag in dieser Untersuchung nur bei rund 0,1 mg/kg, also nur bei einem Achtel des Wertes von Zuckermais aus der Dose mit etwa 0,8 mg/kg. Es gab eine auffällig hohe Diskrepanz zwischen frischem Gemüse und gekochtem Gemüse.
In den 80er Jahren wusste man noch vergleichsweise wenig darüber, in welcher Form Salicylate in Lebensmitteln vorliegen, z. B. als freie Salicylsäure oder gebunden in chemischen Komplexen. Dieses Wissen ist allerdings für die chemische Analyse wichtig, damit man die Lebensmittelproben entsprechend aufbereitet, um möglichst alle enthaltenen Salicylate zu detektieren. Das Missverhältnis zwischen rohen und gekochten Lebensmitteln ist also ein starker Hinweis darauf, dass die Salicylate in rohen Lebensmitteln nicht vollständig extrahiert wurden und die Messwerte größtenteils fehlerhaft waren.
Heute ist es leider schwer nachzuvollziehen, ob die Werte von damals vielleicht zu niedrig sind, weil Salicylate nicht vollständig detektiert wurden, oder ob die Werte sogar zu hoch waren, weil andere Substanzen fälschlicherweise als Salicylate identifiziert wurden.
In den letzten 40 Jahren hat sich im Bereich der Lebensmittelanalyse unglaublich viel getan. Mittlerweile kann man auf deutlich ausgefeiltere Analysenmethoden mit Computerunterstützung zurückgreifen und kann deswegen den Salicylatgehalt von Lebensmitteln deutlich genauer bestimmen. Durch die bessere Präparation der Proben kann man heute auch eine Verfälschung der Ergebnisse durch andere Substanzen besser ausschließen.
Insgesamt sind deswegen alte Messergebnisse aus den 80er-Jahren mit Vorsicht zu betrachten, schließlich haben sich in den vergangenen 40 Jahren die Rezepturen vieler Lebensmittel stark verändert. Selbst der Mais selbst ist womöglich gar nicht mehr vergleichbar, weil es ganz neue Züchtungen gibt und sich die Anbaumethoden im Laufe der Zeit gewandelt haben.
Die kritische Menge, ab der Salicylat in empfindlichen Personen pseudo-allergische Reaktionen auslösen kann, ist von Person zu Person verschieden. Es ist richtig, dass Mais Salicylate enthält, allerdings nur moderate Mengen und auch nicht wesentlich mehr als andere Getreidesorten, von denen man bisher dachte, dass sie salicylatarm wären, wie z. B. Reis oder Haferflocken.
Man sollte nicht pauschal Mais oder andere Grundnahrungsmittel meiden, nur weil man irgendwo gehört hat, dass diese Lebensmittel gefährlich wären. Stattdessen sollte man durch ein ausführliches Ernährungstagebuch seine Salicylataufnahme abschätzen, um kritische Lebensmittel zu identifizieren und gegebenenfalls den Speiseplan punktuell anzupassen. Nur wenn ein Lebensmittel wirklich reproduzierbar Unverträglichkeitsreaktionen auslöst, sollte man es vom Speiseplan streichen. So erzielt man in der Regel nachhaltigere Erfolge, als wenn man ohne Plan Lebensmittel meidet.
Die Angaben in unserer App beziehen sich immer auf realistische Portionsgrößen und sind deswegen hilfreicher als starre Listen. Um dies am Beispiel Mais noch einmal zu verdeutlichen: Mit einer Portion Zuckermais nimmt man nur wenig Salicylat zu sich – die Menge ist tausendfach niedriger als in einer Aspirintablette. Das ist für kaum einen Betroffenen eine kritische Menge.
In unserer App Histamin, Fructose & Co. finden Sie wertvolle Hilfestellung zum Thema Ernährung bei Lebensmittelunverträglichkeiten. Erhältlich für iOS und Android.
Artikel teilen
Zurück zum Blog
Quellen:
G. Robertson et al., Salicylic Acid in Fresh and Canned Fruit and Vegetables, J. Sci. Food Agric. 32 (1981), 833–836
Woher stammt die Aussage, dass Mais viel Salicylat enthält?
Den meisten Betroffenen dürfte es nicht bewusst sein, aber die Datenlage zum Salicylatgehalt von Lebensmitteln ist sehr schlecht. Das Thema ist für die meisten Wissenschaftler und Mediziner nicht besonders interessant und deswegen beruhen viele Ernährungsratschläge auch heute noch auf uralten Untersuchungen aus den 1980ern.
Eine der ersten Untersuchungen zum Thema stammt von Robertson und Kermode (1981). In dieser wurden mehr als 40 verschiedene Obst und Gemüsesorten auf ihren Salicylsäuregehalt analysiert, darunter auch verschiedene Arten von Mais. In dieser Untersuchung hatte Dosenmais den höchsten Salicylatwert aller untersuchten Lebensmittel. Hier stammt mit Sicherheit die Aussage her, dass Mais viel Salicylat enthält und deswegen für Menschen mit einer Salicylatintoleranz ein ungeeignetes Lebensmittel sei.
Widersprüchliche Daten
Der Salicylatgehalt von frischem Zuckermais lag in dieser Untersuchung nur bei rund 0,1 mg/kg, also nur bei einem Achtel des Wertes von Zuckermais aus der Dose mit etwa 0,8 mg/kg. Es gab eine auffällig hohe Diskrepanz zwischen frischem Gemüse und gekochtem Gemüse.
In den 80er Jahren wusste man noch vergleichsweise wenig darüber, in welcher Form Salicylate in Lebensmitteln vorliegen, z. B. als freie Salicylsäure oder gebunden in chemischen Komplexen. Dieses Wissen ist allerdings für die chemische Analyse wichtig, damit man die Lebensmittelproben entsprechend aufbereitet, um möglichst alle enthaltenen Salicylate zu detektieren. Das Missverhältnis zwischen rohen und gekochten Lebensmitteln ist also ein starker Hinweis darauf, dass die Salicylate in rohen Lebensmitteln nicht vollständig extrahiert wurden und die Messwerte größtenteils fehlerhaft waren.
Bedingte Aussagekraft alter Untersuchungen
Heute ist es leider schwer nachzuvollziehen, ob die Werte von damals vielleicht zu niedrig sind, weil Salicylate nicht vollständig detektiert wurden, oder ob die Werte sogar zu hoch waren, weil andere Substanzen fälschlicherweise als Salicylate identifiziert wurden.
In den letzten 40 Jahren hat sich im Bereich der Lebensmittelanalyse unglaublich viel getan. Mittlerweile kann man auf deutlich ausgefeiltere Analysenmethoden mit Computerunterstützung zurückgreifen und kann deswegen den Salicylatgehalt von Lebensmitteln deutlich genauer bestimmen. Durch die bessere Präparation der Proben kann man heute auch eine Verfälschung der Ergebnisse durch andere Substanzen besser ausschließen.
Insgesamt sind deswegen alte Messergebnisse aus den 80er-Jahren mit Vorsicht zu betrachten, schließlich haben sich in den vergangenen 40 Jahren die Rezepturen vieler Lebensmittel stark verändert. Selbst der Mais selbst ist womöglich gar nicht mehr vergleichbar, weil es ganz neue Züchtungen gibt und sich die Anbaumethoden im Laufe der Zeit gewandelt haben.
Fazit: Sollte man Mais bei Salicylatintoleranz aus dem Speiseplan streichen?
Die kritische Menge, ab der Salicylat in empfindlichen Personen pseudo-allergische Reaktionen auslösen kann, ist von Person zu Person verschieden. Es ist richtig, dass Mais Salicylate enthält, allerdings nur moderate Mengen und auch nicht wesentlich mehr als andere Getreidesorten, von denen man bisher dachte, dass sie salicylatarm wären, wie z. B. Reis oder Haferflocken.
Man sollte nicht pauschal Mais oder andere Grundnahrungsmittel meiden, nur weil man irgendwo gehört hat, dass diese Lebensmittel gefährlich wären. Stattdessen sollte man durch ein ausführliches Ernährungstagebuch seine Salicylataufnahme abschätzen, um kritische Lebensmittel zu identifizieren und gegebenenfalls den Speiseplan punktuell anzupassen. Nur wenn ein Lebensmittel wirklich reproduzierbar Unverträglichkeitsreaktionen auslöst, sollte man es vom Speiseplan streichen. So erzielt man in der Regel nachhaltigere Erfolge, als wenn man ohne Plan Lebensmittel meidet.
Die Angaben in unserer App beziehen sich immer auf realistische Portionsgrößen und sind deswegen hilfreicher als starre Listen. Um dies am Beispiel Mais noch einmal zu verdeutlichen: Mit einer Portion Zuckermais nimmt man nur wenig Salicylat zu sich – die Menge ist tausendfach niedriger als in einer Aspirintablette. Das ist für kaum einen Betroffenen eine kritische Menge.
In unserer App Histamin, Fructose & Co. finden Sie wertvolle Hilfestellung zum Thema Ernährung bei Lebensmittelunverträglichkeiten. Erhältlich für iOS und Android.
Artikel teilen
Zurück zum Blog
Quellen:
G. Robertson et al., Salicylic Acid in Fresh and Canned Fruit and Vegetables, J. Sci. Food Agric. 32 (1981), 833–836