Mythos aufgedeckt: Warum Rucola keine Histaminbombe ist
20.04.23Histamin Fructose & Co.
Rucola wird auf einigen Verbotslisten im Internet unter den Top 10 der gefährlichsten Lebensmittel bei Histaminintoleranz geführt. Angeblich hat er einen sehr hohen Histamingehalt und ist ein Histaminliberator. Quellenangaben findet man in der Regel nicht. Was ist also dran an dieser Aussage?
Wir haben zunächst recherchiert, woher die Aussage kommt, dass Rucola stark histaminhaltig ist. Tatsächlich gibt es nur eine einzige Studie, die den Gehalt an biogenen Aminen von Rucola untersucht. Diese Studie fand aber überhaupt kein Histamin in Rucola – und widerspricht damit der einhelligen Meinung vieler Internetseiten. Auch der Gehalt an anderen Aminen war gering, mit Ausnahme von Tyramin. Rucola kann geringe Mengen dieses biogenen Amins enthalten. Unter den untersuchten Gemüsesorten war der Tyramingehalt knapp der höchste.
Wir vermuten, dass die Einschätzung zu Rucola aus diesem Untersuchungsergebnis kommt. Wenn etwas den höchsten Tyraminwert hat, muss es schließlich problematisch sein, oder? Da Gemüse aber eher generell sehr arm an biogenen Aminen ist, sollte man mit solchen Schlussfolgerungen vorsichtig sein.
Um dies zu demonstrieren, vergleichen wir den Tyramingehalt von Rucola mit dem von Kartoffeln, die in der obigen Untersuchung einen etwas niedrigeren Tyramingehalt hatten. Betrachtet man übliche Portionen, ergibt sich folgendes Bild (siehe Tabelle 1).
▲ Tabelle 1: Tyramingehalt in verschiedenen Lebensmitteln.
In diesem Beispiel hat eine Portion Kartoffeln sogar einen größeren Tyramingehalt als Rucola, niemand würde aber davon abraten Kartoffeln zu essen, die generell als hypoallergenes Lebensmittel eingestuft werden. Zum Vergleich: Eine Portion Sauerkraut enthält die 20-fache Menge an Tyramin und noch dazu viel Histamin und zahlreiche andere biogene Amine.
Der Gehalt an biogenen Aminen, die einen histaminfreisetzenden Effekt haben könnten, ist bei Rucola weit entfernt von dem von anderen kritischen Lebensmitteln. Unter diesem Gesichtspunkt bezweifeln wir auch stark den Umstand, dass Rucola ein starker Histaminliberator sein soll. Dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege.
Viele Informationen zum Thema Histaminintoleranz sind leider von fragwürdiger Qualität. Am Beispiel von Rucola kann man gut sehen, wie schnell ungeprüftes Abschreiben zu der irreführenden Aussage führen kann, dass Rucola stark histaminhaltig ist.
Rucola ist aber ein empfindliches Lebensmittel. Man sollte deswegen darauf achten, dass er frisch ist und keinen Verderbnisgeruch aufweist. Dann spricht nichts gegen den Verzehr. Von überlagertem Rucola, der sich bereits zu verfärben beginnt oder sichtbare Spuren von Verfall zeigt, sollte man hingegen die Finger lassen.
Berichte über Unverträglichkeitsreaktionen können möglicherweise durch die für Kohlsorten typischen Schwefelverbindungen erklärt werden. Wenn Sie andere Kohlsorten nur schlecht vertragen, sollten Sie Rucola zunächst vorsichtig testen. Allerdings ist die Verzehrmenge von Rucola in der Regel im Vergleich zu Weißkohl oder Brokkoli nur sehr gering – und damit auch die zu erwartenden Nebenwirkungen.
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Quellen:
Bild:
Foto von sheri silver auf Unsplash
Rucola – ein gefährliches Lebensmittel bei Histaminintoleranz?
Wir haben zunächst recherchiert, woher die Aussage kommt, dass Rucola stark histaminhaltig ist. Tatsächlich gibt es nur eine einzige Studie, die den Gehalt an biogenen Aminen von Rucola untersucht. Diese Studie fand aber überhaupt kein Histamin in Rucola – und widerspricht damit der einhelligen Meinung vieler Internetseiten. Auch der Gehalt an anderen Aminen war gering, mit Ausnahme von Tyramin. Rucola kann geringe Mengen dieses biogenen Amins enthalten. Unter den untersuchten Gemüsesorten war der Tyramingehalt knapp der höchste.
Wir vermuten, dass die Einschätzung zu Rucola aus diesem Untersuchungsergebnis kommt. Wenn etwas den höchsten Tyraminwert hat, muss es schließlich problematisch sein, oder? Da Gemüse aber eher generell sehr arm an biogenen Aminen ist, sollte man mit solchen Schlussfolgerungen vorsichtig sein.
Rucola ein Histaminliberator? – Eher nicht.
Um dies zu demonstrieren, vergleichen wir den Tyramingehalt von Rucola mit dem von Kartoffeln, die in der obigen Untersuchung einen etwas niedrigeren Tyramingehalt hatten. Betrachtet man übliche Portionen, ergibt sich folgendes Bild (siehe Tabelle 1).
Lebensmittel (Portion) | Tyramingehalt |
---|---|
Rucola (25 g) | 0,28 mg |
Kartoffeln (150 g) | 0,30 mg |
Sauerkraut (120 g) | 5,9 mg |
In diesem Beispiel hat eine Portion Kartoffeln sogar einen größeren Tyramingehalt als Rucola, niemand würde aber davon abraten Kartoffeln zu essen, die generell als hypoallergenes Lebensmittel eingestuft werden. Zum Vergleich: Eine Portion Sauerkraut enthält die 20-fache Menge an Tyramin und noch dazu viel Histamin und zahlreiche andere biogene Amine.
Der Gehalt an biogenen Aminen, die einen histaminfreisetzenden Effekt haben könnten, ist bei Rucola weit entfernt von dem von anderen kritischen Lebensmitteln. Unter diesem Gesichtspunkt bezweifeln wir auch stark den Umstand, dass Rucola ein starker Histaminliberator sein soll. Dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege.
Wissenswertes über Rucola:
- Rucola ist eine Pflanze aus der Familie der Kreuzblütengewächse und gehört somit zur gleichen Familie wie Brokkoli und Kohl.
- Die in Rucola enthaltenen Senföle haben eine entzündungshemmende Wirkung.
- Leider kann der Verzehr von Rucola kann bei manchen Menschen zu Verdauungsbeschwerden führen. Wie andere Kohlsorten enthält Rucola Schwefelverbindungen, die Blähungen oder Bauchschmerzen verursachen können.
Fazit
Viele Informationen zum Thema Histaminintoleranz sind leider von fragwürdiger Qualität. Am Beispiel von Rucola kann man gut sehen, wie schnell ungeprüftes Abschreiben zu der irreführenden Aussage führen kann, dass Rucola stark histaminhaltig ist.
Rucola ist aber ein empfindliches Lebensmittel. Man sollte deswegen darauf achten, dass er frisch ist und keinen Verderbnisgeruch aufweist. Dann spricht nichts gegen den Verzehr. Von überlagertem Rucola, der sich bereits zu verfärben beginnt oder sichtbare Spuren von Verfall zeigt, sollte man hingegen die Finger lassen.
Berichte über Unverträglichkeitsreaktionen können möglicherweise durch die für Kohlsorten typischen Schwefelverbindungen erklärt werden. Wenn Sie andere Kohlsorten nur schlecht vertragen, sollten Sie Rucola zunächst vorsichtig testen. Allerdings ist die Verzehrmenge von Rucola in der Regel im Vergleich zu Weißkohl oder Brokkoli nur sehr gering – und damit auch die zu erwartenden Nebenwirkungen.
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Quellen:
- S. Moret et al., A survey on free biogenic amine content of fresh and preserved vegetables, Food Chemistry 89 (2005), 355–361
- https://de.wikipedia.org/wiki/Senf%C3%B6l (abgerufen 04/2023)
Bild:
Foto von sheri silver auf Unsplash