Zitronensäure und Histaminintoleranz
30.01.24Histamin Fructose & Co.
Liest man sich Ernährungsempfehlungen im Internet zum Thema Histaminintoleranz durch, findet man auf fast jeder Verbotsliste die Zitronensäure. Die Begründungen, warum sie nicht verträglich ist, fallen sehr unterschiedlich aus. Allein gemeinsam ist, dass nicht erkennbar ist, woher die Information stammt. Da Zitronensäure aber so häufig in unserem Alltag vorkommt, lohnt sich ein genauer Blick auf den Stand der Forschung.
Zitronensäure kommt natürlicherweise in vielen Obst- und Gemüsesorten vor, in besonders hoher Konzentration findet man sie, wie der Name erahnen lässt, in Zitrusfrüchten. Zitronensäure (E 330) ist heute ein weit verbreiteter Zusatzstoff in vielen Lebensmitteln, Getränken oder auch Medikamenten. Sie verleiht diesen Produkten einen angenehmen, säuerlichen Geschmack und hat darüber hinaus auch konservierende Eigenschaften.
Ursprünglich wurde Zitronensäure tatsächlich aus Zitronen gewonnen, aufgrund der hohen Kosten wurde aber bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Verfahren entwickelt, um sie mikrobiologisch zu synthetisieren. Sie wird in einem Fermentationsprozess mit Hilfe von Aspergillus niger (einem Schimmelpilz) aus Glucose hergestellt und anschließend in einem mehrstufigen Prozess aufwändig gereinigt.
Chemisch betrachtet gibt es keinen Unterschied zwischen natürlicher und industriell hergestellter Zitronensäure. Wenn Sie aber in der Zutatenliste Zitronensäure lesen, können Sie davon ausgehen, dass es sich dabei um das industriell hergestellte Produkt handelt. Nicht zu verwechseln ist Zitronensäure mit Zitronensaftkonzentrat, das aus Zitronen gewonnen wird (siehe Tabelle 1).
▲ Tabelle 1: Übersicht über verschiedene zitronensäurehaltige Zutaten.
Auf vielen Seiten im Internet findet man die Aussage, dass Zitronensäure ungeeignet wäre bei Histaminintoleranz. Mal wird darüber spekuliert, dass sie durch den Fermentationsprozess viel Histamin enthält. An anderer Stelle liest man, dass Obst und Gemüse abhängig vom Zitronensäuregehalt mal besser, mal schlechter vertragen wird. Eine andere Theorie besagt, dass Zitronensäure in Zitrusfrüchten vorkommt, die als Histaminliberator gelten – da Zitronensäure nicht aus Zitronen gewonnen wird, ist das aber ohnehin Unsinn.
Viele Autoren scheinen selbst nicht so genau zu wissen, was das Problem sein könnte. Bei nicht wenigen Seiten bekommt man leider auch noch den Eindruck, dass hier einfach nur wilde Spekulationen verbreitet werden und selbst grundlegende biochemische Prozesse nicht verstanden werden. Quellenangaben findet man leider grundsätzlich nicht.
Diesen Punkt kann man klar mit nein beantworten. Der Herstellung basiert im wesentlichen auf dem Zitronensäurezyklus mit Hilfe von Mikroorganismen bei dem (trotz Fermentation) kein Histamin gebildet wird. Das Endprodukt Zitronensäure wird nach der Herstellung aufgereinigt und enthält keine relevanten Mengen an biogenen Aminen.
Es gibt nur wenige Artikel, die sich mit diesem Thema beschäftigen, der erste stammt aus dem Jahr 1979. Wir nehmen aber an, dass sich die These hauptsächlich auf einen Artikel von 2018 stützt. In diesem werden Fälle von vier Betroffenen dokumentiert, die nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel an unerklärlichen Symptomen leiden. Die beschriebenen Symptome betreffen verschiedene Körperregionen und manifestieren sich beispielsweise in Form von Gelenk- und Muskelschmerzen, Atemnot, Bauchkrämpfen oder Schwächezuständen.
Als mögliche Ursache der Symptome wird in dem Artikel künstlich hergestellte Zitronensäure genannt. Natürliche Zitronensäure löst bei den Betroffenen hingegen keine Beschwerden aus.
Auf Basis dieser Einzelfallberichte wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Beschwerden möglicherweise auf produktionsbedingte Rückstände des Produktionsorganismus Aspergillus niger in künstlich hergestellter Zitronensäure zurückzuführen sind. Diese Fragmente könnten im Körper niederschwellige Entzündungsprozesse auslösen und so möglicherweise im Laufe der Zeit zu einer Sensibilisierung führen.
Da A. niger schon seit über 100 Jahren in der mikrobiologischen Produktion eingesetzt wird, wurde der Organismus nie nach heutigen Kriterien auf Sicherheit überprüft, sondern wurde allgemein als sicher eingestuft (GRAS-Einstufung), weil keine auffälligen Nebenwirkungen beobachtet werden konnten.
Prinzipiell verfängt die Hypothese, dass Rückstände aus dem Produktionsprozess in irgendeiner Form eine schädliche Wirkung entfachen könnten. Manche Schimmelpilze sind für den Menschen gefährlich. Sie produzieren gefährliche Gifte (Mykotoxine) und können Krankheiten, Allergien oder Infektionen auslösen. Auch in den eingesetzten Produktionsorganismen für Zitronensäure konnte in Genanalysen nachgewiesen werden, dass sie Mykotoxine produzieren können. Einige sind so gefährlich, dass sie in Lebensmittelkontrollen überwacht werden.
Es konnte zudem nachgewiesen werden, dass durch Hitze abgetötete Schimmelpilze Entzündungsreaktionen auslösen können – sogar noch stärker als es lebendige Zellen tun. Das liegt daran, dass durch die Zerstörung die Toxine in der Zelle freigesetzt werden und diese schneller vom Immunsystem erkannt werden. Etwas ähnliches könnte auch durch Verunreinigungen bei künstlich hergestellter Zitronensäure geschehen.
Aber: Das wurde so nur an abgetöteten Schimmelpilzen anderer Stämme nachgewiesen und nicht mit Produktionsrückständen in aufgereinigter Zitronensäure.
Bevor man voreilige Schlüsse zieht, sollte man sich auch damit befassen, ob denn gute Gründe gegen die Hypothese sprechen. Es wurde in dem Artikel nie eindeutig belegt, dass Schimmelpilzrückstände tatsächlich der auslösende Faktor waren. Stattdessen wurden die Zutatenlisten der verdächtigen Lebensmittel, darunter beispielsweise Energy Drinks oder Kartoffelchips mit Ranch-Geschmack auf gemeinsame Nenner überprüft, der in Zitronensäure gefunden wurde. Es handelt sich bei den Verdachtsfällen jedoch um industriell hochverarbeitete Lebensmittel mit einer hohen Anzahl an schwer nachzuvollziehenden Inhaltsstoffen, z. B. nicht näher spezifizierte Aromen.
Der Herstellungsprozess mit Schimmelpilzen ist gut erforscht und der Produktionsprozess wurde mittlerweile mehrere Jahrzehnte darauf optimiert, möglichst wenige toxische Nebenprodukte zu erzeugen. Die Zitronensäure unterläuft anschließend einem aufwändigen mehrstufigen Aufreinigungsprozess, der Produktionsrückstände sehr effizient entfernt. In Zitronensäure findet man also nicht ganze Schimmelpilzzellen oder gar vermehrungsfähige Sporen, sondern höchstens kleine Fragmente von Proteinen oder anderen Zellbestandteilen.
Für Mykotoxine gibt es strenge Grenzwerte, zusätzlich zu den Herstellern der Zitronensäure führen auch die Lebensmittelkonzerne, die diese verwenden, nochmal Qualitätskontrollen durch. Die Anforderungen für die Reinheit von Zitronensäure im pharmazeutischen Bereich liegen sogar noch einmal höher.
Unabhängig davon, würde eine gesundheitsschädliche Wirkung nicht nur auf etwaige minimale Schimmelpilzrückstände in Zitronensäure beschränkt bleiben. Auch Lebensmittel auf denen Schimmelpilze oder ihre Sporen anhaften, wären dann problematisch. Und diese finden sich praktisch überall: auf Obst, Gemüse, Getreide, Gewürzen, Trockenfrüchten, Nüssen, Schweinefleisch und Geflügel, Milchprodukten, Kaffee und vielen weiteren Lebensmitteln.
Auffällig ist, dass es zur Unverträglichkeit von Zitronensäure insgesamt nur sehr wenige Veröffentlichungen gibt. Falls es ein großflächiges Problem geben sollte, würde man eigentlich deutlich mehr Forschung in diese Richtung erwarten. Es gibt aber glaubwürdig dokumentierte Einzelfälle und es bleiben zwei mögliche Erklärungsversuche zu den Ursachen.
Hypothese 1: Zitronensäureunverträglichkeit ohne Schimmelpilzallergie
Eine Zitronensäureunverträglichkeit ohne Beteiligung von Schimmelpilzallergien wurde bereits 1979 in der Literatur beschrieben, allerdings konnte damals kein zugrunde liegender Mechanismus identifiziert werden. In neueren Studien zur Verträglichkeit von Zusatzstoffen konnte auch eine Zitronensäureunverträglichkeit beobachtet werden, allerdings ist diese sehr selten.
Hinter dieser Hypothese stehen also viele Fragezeichen.
Hypothese 2: Zitronensäureunverträglichkeit mit Schimmelpilzallergie
Zum Thema Erkrankungen, die durch Schimmelpilze ausgelöst werden, gibt es hingegen sehr umfangreiche Forschung und es ist unbestreitbarer Fakt, dass Schimmelpilze und ihre Sporen bei starker Exposition schwere Erkrankungen auslösen können, insbesondere bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Es ist auch belegt, dass Schimmelpilzallergiker auf Produktionsrückstände in Zitronensäure reagieren können.
Ein Zusammenhang mit einer Histaminunverträglichkeit wurde überhaupt nicht untersucht. Ein pauschales Verbot von Zitronensäure bei diesem Krankheitsbild lässt sich aus der äußerst unklaren Datenlage derzeit nicht ableiten.
Es bleibt aber die Möglichkeit, dass einige (wenige) Betroffene industriell hergestellte Zitronensäure nicht vertragen, entweder aufgrund von Schimmelpilzrückständen oder anderen bisher nicht bekannten Ursachen. Treten reproduzierbar Reaktionen nach dem Verzehr von Lebensmitteln mit Zitronensäure auf, sollte man dies unbedingt medizinisch abklären lassen – denn wenn in der Tat Schimmelpilze eine Rolle spielen sollten, benötigt es ein gezieltes weiteres Vorgehen.
In unserer App Histamin, Fructose & Co. finden Sie wertvolle Hilfestellung zum Thema Ernährung bei Lebensmittelunverträglichkeiten. Erhältlich für iOS und Android.
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Quellen:
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Foto von Vidit Goswami auf Unsplash
Foto von Sama Hosseini auf Unsplash
Foto von Fulvio Ciccolo auf Unsplash
Was ist Zitronensäure und wo wird sie verwendet?
Zitronensäure kommt natürlicherweise in vielen Obst- und Gemüsesorten vor, in besonders hoher Konzentration findet man sie, wie der Name erahnen lässt, in Zitrusfrüchten. Zitronensäure (E 330) ist heute ein weit verbreiteter Zusatzstoff in vielen Lebensmitteln, Getränken oder auch Medikamenten. Sie verleiht diesen Produkten einen angenehmen, säuerlichen Geschmack und hat darüber hinaus auch konservierende Eigenschaften.
Ursprünglich wurde Zitronensäure tatsächlich aus Zitronen gewonnen, aufgrund der hohen Kosten wurde aber bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Verfahren entwickelt, um sie mikrobiologisch zu synthetisieren. Sie wird in einem Fermentationsprozess mit Hilfe von Aspergillus niger (einem Schimmelpilz) aus Glucose hergestellt und anschließend in einem mehrstufigen Prozess aufwändig gereinigt.
Chemisch betrachtet gibt es keinen Unterschied zwischen natürlicher und industriell hergestellter Zitronensäure. Wenn Sie aber in der Zutatenliste Zitronensäure lesen, können Sie davon ausgehen, dass es sich dabei um das industriell hergestellte Produkt handelt. Nicht zu verwechseln ist Zitronensäure mit Zitronensaftkonzentrat, das aus Zitronen gewonnen wird (siehe Tabelle 1).
Zutat | Hergestellt aus |
---|---|
Zitronensaftkonzentrat | Zitronen |
Zitronensäure (E 330) | Aspergillus niger |
Citrate (E 331–333) | Aspergillus niger |
Was findet man im Internet zu Zitronensäure?
Auf vielen Seiten im Internet findet man die Aussage, dass Zitronensäure ungeeignet wäre bei Histaminintoleranz. Mal wird darüber spekuliert, dass sie durch den Fermentationsprozess viel Histamin enthält. An anderer Stelle liest man, dass Obst und Gemüse abhängig vom Zitronensäuregehalt mal besser, mal schlechter vertragen wird. Eine andere Theorie besagt, dass Zitronensäure in Zitrusfrüchten vorkommt, die als Histaminliberator gelten – da Zitronensäure nicht aus Zitronen gewonnen wird, ist das aber ohnehin Unsinn.
Viele Autoren scheinen selbst nicht so genau zu wissen, was das Problem sein könnte. Bei nicht wenigen Seiten bekommt man leider auch noch den Eindruck, dass hier einfach nur wilde Spekulationen verbreitet werden und selbst grundlegende biochemische Prozesse nicht verstanden werden. Quellenangaben findet man leider grundsätzlich nicht.
Wird bei der Zitronensäureherstellung Histamin gebildet?
Diesen Punkt kann man klar mit nein beantworten. Der Herstellung basiert im wesentlichen auf dem Zitronensäurezyklus mit Hilfe von Mikroorganismen bei dem (trotz Fermentation) kein Histamin gebildet wird. Das Endprodukt Zitronensäure wird nach der Herstellung aufgereinigt und enthält keine relevanten Mengen an biogenen Aminen.
Woher stammt die Information, dass Zitronensäure unverträglich sei?
Es gibt nur wenige Artikel, die sich mit diesem Thema beschäftigen, der erste stammt aus dem Jahr 1979. Wir nehmen aber an, dass sich die These hauptsächlich auf einen Artikel von 2018 stützt. In diesem werden Fälle von vier Betroffenen dokumentiert, die nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel an unerklärlichen Symptomen leiden. Die beschriebenen Symptome betreffen verschiedene Körperregionen und manifestieren sich beispielsweise in Form von Gelenk- und Muskelschmerzen, Atemnot, Bauchkrämpfen oder Schwächezuständen.
Als mögliche Ursache der Symptome wird in dem Artikel künstlich hergestellte Zitronensäure genannt. Natürliche Zitronensäure löst bei den Betroffenen hingegen keine Beschwerden aus.
Auf Basis dieser Einzelfallberichte wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Beschwerden möglicherweise auf produktionsbedingte Rückstände des Produktionsorganismus Aspergillus niger in künstlich hergestellter Zitronensäure zurückzuführen sind. Diese Fragmente könnten im Körper niederschwellige Entzündungsprozesse auslösen und so möglicherweise im Laufe der Zeit zu einer Sensibilisierung führen.
Was spricht für diese Hypothese?
Da A. niger schon seit über 100 Jahren in der mikrobiologischen Produktion eingesetzt wird, wurde der Organismus nie nach heutigen Kriterien auf Sicherheit überprüft, sondern wurde allgemein als sicher eingestuft (GRAS-Einstufung), weil keine auffälligen Nebenwirkungen beobachtet werden konnten.
Prinzipiell verfängt die Hypothese, dass Rückstände aus dem Produktionsprozess in irgendeiner Form eine schädliche Wirkung entfachen könnten. Manche Schimmelpilze sind für den Menschen gefährlich. Sie produzieren gefährliche Gifte (Mykotoxine) und können Krankheiten, Allergien oder Infektionen auslösen. Auch in den eingesetzten Produktionsorganismen für Zitronensäure konnte in Genanalysen nachgewiesen werden, dass sie Mykotoxine produzieren können. Einige sind so gefährlich, dass sie in Lebensmittelkontrollen überwacht werden.
Es konnte zudem nachgewiesen werden, dass durch Hitze abgetötete Schimmelpilze Entzündungsreaktionen auslösen können – sogar noch stärker als es lebendige Zellen tun. Das liegt daran, dass durch die Zerstörung die Toxine in der Zelle freigesetzt werden und diese schneller vom Immunsystem erkannt werden. Etwas ähnliches könnte auch durch Verunreinigungen bei künstlich hergestellter Zitronensäure geschehen.
Aber: Das wurde so nur an abgetöteten Schimmelpilzen anderer Stämme nachgewiesen und nicht mit Produktionsrückständen in aufgereinigter Zitronensäure.
Was spricht gegen diese Hypothese?
Bevor man voreilige Schlüsse zieht, sollte man sich auch damit befassen, ob denn gute Gründe gegen die Hypothese sprechen. Es wurde in dem Artikel nie eindeutig belegt, dass Schimmelpilzrückstände tatsächlich der auslösende Faktor waren. Stattdessen wurden die Zutatenlisten der verdächtigen Lebensmittel, darunter beispielsweise Energy Drinks oder Kartoffelchips mit Ranch-Geschmack auf gemeinsame Nenner überprüft, der in Zitronensäure gefunden wurde. Es handelt sich bei den Verdachtsfällen jedoch um industriell hochverarbeitete Lebensmittel mit einer hohen Anzahl an schwer nachzuvollziehenden Inhaltsstoffen, z. B. nicht näher spezifizierte Aromen.
Der Herstellungsprozess mit Schimmelpilzen ist gut erforscht und der Produktionsprozess wurde mittlerweile mehrere Jahrzehnte darauf optimiert, möglichst wenige toxische Nebenprodukte zu erzeugen. Die Zitronensäure unterläuft anschließend einem aufwändigen mehrstufigen Aufreinigungsprozess, der Produktionsrückstände sehr effizient entfernt. In Zitronensäure findet man also nicht ganze Schimmelpilzzellen oder gar vermehrungsfähige Sporen, sondern höchstens kleine Fragmente von Proteinen oder anderen Zellbestandteilen.
Für Mykotoxine gibt es strenge Grenzwerte, zusätzlich zu den Herstellern der Zitronensäure führen auch die Lebensmittelkonzerne, die diese verwenden, nochmal Qualitätskontrollen durch. Die Anforderungen für die Reinheit von Zitronensäure im pharmazeutischen Bereich liegen sogar noch einmal höher.
Unabhängig davon, würde eine gesundheitsschädliche Wirkung nicht nur auf etwaige minimale Schimmelpilzrückstände in Zitronensäure beschränkt bleiben. Auch Lebensmittel auf denen Schimmelpilze oder ihre Sporen anhaften, wären dann problematisch. Und diese finden sich praktisch überall: auf Obst, Gemüse, Getreide, Gewürzen, Trockenfrüchten, Nüssen, Schweinefleisch und Geflügel, Milchprodukten, Kaffee und vielen weiteren Lebensmitteln.
Was bleibt als Fazit?
Auffällig ist, dass es zur Unverträglichkeit von Zitronensäure insgesamt nur sehr wenige Veröffentlichungen gibt. Falls es ein großflächiges Problem geben sollte, würde man eigentlich deutlich mehr Forschung in diese Richtung erwarten. Es gibt aber glaubwürdig dokumentierte Einzelfälle und es bleiben zwei mögliche Erklärungsversuche zu den Ursachen.
Hypothese 1: Zitronensäureunverträglichkeit ohne Schimmelpilzallergie
Eine Zitronensäureunverträglichkeit ohne Beteiligung von Schimmelpilzallergien wurde bereits 1979 in der Literatur beschrieben, allerdings konnte damals kein zugrunde liegender Mechanismus identifiziert werden. In neueren Studien zur Verträglichkeit von Zusatzstoffen konnte auch eine Zitronensäureunverträglichkeit beobachtet werden, allerdings ist diese sehr selten.
Hinter dieser Hypothese stehen also viele Fragezeichen.
Hypothese 2: Zitronensäureunverträglichkeit mit Schimmelpilzallergie
Zum Thema Erkrankungen, die durch Schimmelpilze ausgelöst werden, gibt es hingegen sehr umfangreiche Forschung und es ist unbestreitbarer Fakt, dass Schimmelpilze und ihre Sporen bei starker Exposition schwere Erkrankungen auslösen können, insbesondere bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Es ist auch belegt, dass Schimmelpilzallergiker auf Produktionsrückstände in Zitronensäure reagieren können.
Aktuell wird sogar diskutiert, ob Schimmelpilze eine Rolle bei der Chemikaliensensitivität spielen könnten, bei der verschiedene Chemikalien, Lebensmittel oder Medikamente Unverträglichkeitssymptome auslösen. Eine aktuelle Studie mit über 10.000 Betroffenen untersuchte mögliche Auslöser. Schimmelexposition, etwa bei Renovierungen, könnte 15 % der Fälle erklären – die restlichen 85 % werden hingegen anderen Faktoren zugeschrieben, beispielsweise Pestiziden oder toxischen Verbrennungsprodukten: in der Hauptsache also Produkte aus der petrochemischen Industrie.
Wie kann man die Erkenntnisse auf Histaminintoleranz übertragen?
Ein Zusammenhang mit einer Histaminunverträglichkeit wurde überhaupt nicht untersucht. Ein pauschales Verbot von Zitronensäure bei diesem Krankheitsbild lässt sich aus der äußerst unklaren Datenlage derzeit nicht ableiten.
Es bleibt aber die Möglichkeit, dass einige (wenige) Betroffene industriell hergestellte Zitronensäure nicht vertragen, entweder aufgrund von Schimmelpilzrückständen oder anderen bisher nicht bekannten Ursachen. Treten reproduzierbar Reaktionen nach dem Verzehr von Lebensmitteln mit Zitronensäure auf, sollte man dies unbedingt medizinisch abklären lassen – denn wenn in der Tat Schimmelpilze eine Rolle spielen sollten, benötigt es ein gezieltes weiteres Vorgehen.
Die generelle Empfehlung, bei Histaminintoleranz auf Zitronensäure zu verzichten, sehen wir aber in Anbetracht der Situation und der weitreichenden Folgen für die Ernährung als aktuell nicht gerechtfertigt an! Man sollte künstlich hergestellte Zitronensäure aber als eine Zutat sehen, die im Verdachtsfall auf Verträglichkeit geprüft werden sollte.
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Quellen:
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- S. Chacko et al., Comparison of pro-inflammatory cytokines (IL-6, IL-1 and IL-1) released by MPI and MARCO (-/-) knockout cells when stimulated by heat killed fungi- Candida albicans and Aspergillus niger, The Plymouth Student Scientist 9:1 (2016), 4–23
- G. Magureanu et al., Verfahren zur Gewinnung von Citronensäure (EP0151470B1), Europäisches Patentamt (1985), https://register.epo.org/application?number=EP85100995
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- C. Soares et al., Mycotoxin production by Aspergillus niger aggregate strains isolated from harvested maize in three Portuguese regions, Revista Iberoamericana de Micología 30(1) (2013), 9–13
- A. Waśkiewicz, Occurrence of fumonisins in food – An interdisciplinary approach to the problem, Food Control, Volume 26, Issue 2, 2012, 491–499
- BfR Bundesinstitut für Risikoforschung, Bewertung von „Candy Sprays“ mit erhöhtem Zitronensäuregehalt, Stellungnahme Nr. 015/2012 des BfR vom 14. Juli 2011, ergänzt am 21. Januar 2013
- I. Yoshioka et al., Non-production of mycotoxins by citric acid hyperproducer Aspergillus tubingensis (A. niger) WU-2223L: Evidence for its biosafety based on genome sequence and metabolite analyses, JSM Mycotoxins 72:2 (2022), 75–83
- E. Schuster et al., On the safety of Aspergillus niger – a review, Appl Microbiol Biotechnol 59 (2002), 426–435
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Bilder:
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