Tipps zur Auswahl von Probiotika bei Histaminintoleranz
09.08.22Histamin Fructose & Co.
Die Frage, ob Probiotika bei Histaminintoleranz helfen können, interessiert viele unserer Nutzer. Im Handel findet man Präparate, die angeblich besonders gut bei Histaminintoleranz geeignet sind. Andere Präparate gelten als ungeeignet, weil sie Milchsäurebakterien enthalten, die Histamin bilden können. Wir erklären, welche Erkenntnisse es über die Darmflora bei Histaminintoleranz gibt – und ob wo es noch Wissenslücken gibt.

Es gibt unter den für uns nützlichen Milchsäurebakterien viele Stämme, die ein Gen in sich tragen, das sie zur Synthese von Histamin befähigt. Viele dieser Bakterien kommen natürlicherweise in unserer Darmflora vor. Ihre Fähigkeit zur Histaminsynthese ist gut erforscht, weil Histamin bei der Herstellung von fermentierten Lebensmitteln, z. B. Joghurt, Käse oder Salami, ein unerwünschtes Nebenprodukt mit potenziell gesundheitsgefährdenden Eigenschaften ist. Durch optimierte hygienische Bedingungen und die geeignete Auswahl an Mikroorganismen kann die Bildung von Histamin aber deutlich gesenkt werden.
Bekannte Vertreter von Milchsäurebakterien, die in der Lebensmittelproduktion eingesetzt werden und Histamin bilden können sind z. B.
Auch im Darm könnte das Vorhandensein dieser Bakterien theoretisch zu einem erhöhten Histaminspiegel beitragen. Ob Milchsäurebakterien, die als Probiotika zum Einsatz kommen, das aber überhaupt in relevantem Maßstab im Darm tun, ist allerdings sehr umstritten.
An dieser Stelle wird man im Internet schnell mit voreiligen Schlüssen von Laien konfrontiert, die Probiotika mit diesen Bakterien als gänzlichen ungeeignet für Menschen mit Histaminintoleranz aburteilen. Es lohnt es sich deswegen genau anzuschauen, was man über die Darmflora bei Histaminintoleranz weiß.
Bei Menschen mit Histaminintoleranz gibt es nachweisbare Veränderungen im Mikrobiom. So ist beispielsweise die Anzahl der Fäulnisbakterien (Proteobacteria) erhöht. Demgegenüber ist die Vielfalt der Milchsäurebakterien und Bifidobakterien bei Histaminintoleranz deutlich verringert. Eine erhöhte Anzahl an Proteobacteria ist in der Regel ein Indikator für eine Dysbiose, ein Ungleichgewicht in der Darmflora. Eine Überwucherung mit Fäulnisbakterien verursacht niederschwellige Darmentzündungen, wodurch die Darmbarrierefunktion beeinträchtigt wird und einen Teil ihrer Schutzwirkung gegenüber unerwünschten Verbindungen einbüßt – z. B. Histamin.
Die oben genannten Punkte sprechen dagegen, dass Laktobazillen in einem Zusammenhang mit einer krankhaften Erhöhung des Histaminspiegels im Darm stehen. In einer Studie zeigte keiner der untersuchten Teilnehmer mit Histaminintoleranz eine erhöhte Anzahl an histaminproduzierenden Laktobazillen, wohingegen es Auffälligkeiten bei der Zahl der Fäulnisbakterien gab. Diese zählen nachweißlich zu den Histaminproduzenten und bei Asthmatikern konnte bereits ein Zusammenhang zwischen Asthmaanfällen und einer stark histaminproduzierenden Darmflora mit diesen Bakterien nachgewiesen werden.
Das Gen für Histaminsynthese ist zudem spezifisch für einen Bakterienstamm, nicht für eine Bakterienart. Allein für L. casei sind über 370 verschiedene Stämme beschrieben, und nur weil einer davon das Histamin-Gen hat, heißt das noch lange nicht, dass dies auch für andere gilt. Ein Beispiel: Beim kommerziell großflächig verwendeten Stamm L. reuteri DSM 17938 konnte beispielsweise kein Histamin-Gen nachgewiesen werden, obwohl es bei anderen Vertretern der Art vorkommt (siehe Auflistung oben). Man müsste also jeden einzelnen Stamm separat untersuchen, um hier eine Aussage treffen zu können.
Ob ein Bakterium geeignet für ein Probiotikum ist, sollte nicht nur am Vorhandensein eines Gens für Histaminsynthese festgemacht werden. Denn auch bei "histaminbildenden" Laktobazillen wurde in zahlreichen Studien eine entzündungshemmende Wirkung, z. B. bei chronischen Darmentzündungen, beobachtet. Milchsäurebakterien modulieren das Immunsystem, halten Entzündungen im Zaum, sondern viele nützliche Stoffwechselprodukte ab oder können sogar Histamin abbauen – kurz gesagt: sie sind für uns vorteilhaft. Es gibt derzeit keinen Hinweis darauf, dass eine Dysbiose im Mikrobiom von nützlichen Milchsäurebakterien mit dem Histamin-Gen befeuert wird, ganz im Gegenteil. Hier wird leider viel verunsichernde Fehlinformation verbreitet.
Die Aktivität unseres Immunsystems wird bestimmt von einem Gleichgewicht zwischen symbiotischen und pathogenen Faktoren. Bei vielen Erkrankungen ist dieses Gleichgewicht aus den Fugen geraten und die Darmflora zeigt dabei krankhafte Veränderungen. Diese Dysbiose führt zu Entzündungen in der Darmschleimhaut, die die DAO-Synthese empfindlich stören können und den Darm gleichzeitig durchlässiger für Histamin machen.
Bei gesunden Menschen findet man im Vergleich zu Menschen mit Histaminintoleranz deutlich mehr Laktobazillen und Bifidobakterien – für uns nützliche Bakterien, die durch ihre Stoffwechselprodukte dazu beitragen, dass der Darm gesund bleibt. Mit Probiotika kann man verschiedene für uns günstige Bakterienstämme selektiv von außen zuführen, um die Darmflora zu stabilisieren. Immer mehr Forschungsergebnisse zeigen, dass bestimmte Bakterien eine krankheitsvorbeugende Wirkung haben.
Für einzelne probiotische Stämme wurde ein stimulierender Effekt auf die Darmbarrierefunktion nachgewiesen. Besonders gut erforscht ist diese Wirkung für Bifidobakterien (z. B. Bifidobacterium bifidum), die Darmbeschwerden wie Durchfall oder Verstopfung verbessern können. Bifidobakterien zählen übrigens nicht zu den Histaminbildnern. Unabhängig davon deutet aktuell nichts darauf hin, dass probiotische Stämme, die das Gen für Histaminsynthese in sich tragen, einen negativen Effekt auf Histaminintoleranz haben, ganz im Gegensatz zu pathogenen Keimen mit diesem Gen.
Mittlerweile gibt es eine unüberschaubare Anzahl an Probiotika, davon sollte man sich aber nicht verunsichern lassen. Auch günstige Präparate aus dem Drogeriemarkt enthalten oft wirkungsvolle probiotische Stämme. In teureren Präparaten aus der Apotheke hat man aber die Garantie, dass wirklich die angegebenen Probiotika enthalten sind und die Wirkung auch in Studien nachgewiesen wurde. Probiotika entfalten ihre Wirkung nur über einen langen Einnahmezeitraum und deswegen sind die Kosten durchaus ein relevanter Faktor. Bei der Auswahl geeigneter Präparate kann zunächst ein spezialisierter Facharzt oder die Apotheke weiterhelfen, später kann man aber testen, ob auch günstigere Präparate die erwünschte Wirkung bringen.
Bitte beachten Sie zum Thema auch diesen Blogartikel, in dem wir näher auf häufige Fragen, beispielsweise zur Verträglichkeit eingehen.

In unserer App Histamin, Fructose & Co. finden Sie wertvolle Hilfestellung zum Thema Ernährung bei Lebensmittelunverträglichkeiten. Erhältlich für iOS und Android.
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Einige Milchsäurebakterien zählen zu den Histaminproduzenten
Es gibt unter den für uns nützlichen Milchsäurebakterien viele Stämme, die ein Gen in sich tragen, das sie zur Synthese von Histamin befähigt. Viele dieser Bakterien kommen natürlicherweise in unserer Darmflora vor. Ihre Fähigkeit zur Histaminsynthese ist gut erforscht, weil Histamin bei der Herstellung von fermentierten Lebensmitteln, z. B. Joghurt, Käse oder Salami, ein unerwünschtes Nebenprodukt mit potenziell gesundheitsgefährdenden Eigenschaften ist. Durch optimierte hygienische Bedingungen und die geeignete Auswahl an Mikroorganismen kann die Bildung von Histamin aber deutlich gesenkt werden.
Bekannte Vertreter von Milchsäurebakterien, die in der Lebensmittelproduktion eingesetzt werden und Histamin bilden können sind z. B.
- Lactobacillus casei (fermentierte Milchprodukte)
- Lactobacillus delbrueckii subsp. bulgaricus (Joghurtherstellung)
- Limosilactobacillus reuteri (Sauerteig)
Auch im Darm könnte das Vorhandensein dieser Bakterien theoretisch zu einem erhöhten Histaminspiegel beitragen. Ob Milchsäurebakterien, die als Probiotika zum Einsatz kommen, das aber überhaupt in relevantem Maßstab im Darm tun, ist allerdings sehr umstritten.
An dieser Stelle wird man im Internet schnell mit voreiligen Schlüssen von Laien konfrontiert, die Probiotika mit diesen Bakterien als gänzlichen ungeeignet für Menschen mit Histaminintoleranz aburteilen. Es lohnt es sich deswegen genau anzuschauen, was man über die Darmflora bei Histaminintoleranz weiß.
Wie unterscheidet sich die Darmflora von Gesunden und Menschen mit Histaminintoleranz?
Bei Menschen mit Histaminintoleranz gibt es nachweisbare Veränderungen im Mikrobiom. So ist beispielsweise die Anzahl der Fäulnisbakterien (Proteobacteria) erhöht. Demgegenüber ist die Vielfalt der Milchsäurebakterien und Bifidobakterien bei Histaminintoleranz deutlich verringert. Eine erhöhte Anzahl an Proteobacteria ist in der Regel ein Indikator für eine Dysbiose, ein Ungleichgewicht in der Darmflora. Eine Überwucherung mit Fäulnisbakterien verursacht niederschwellige Darmentzündungen, wodurch die Darmbarrierefunktion beeinträchtigt wird und einen Teil ihrer Schutzwirkung gegenüber unerwünschten Verbindungen einbüßt – z. B. Histamin.
Kein Hinweis auf schädlichen Einfluss von histaminbildenden Milchsäurebakterien
Die oben genannten Punkte sprechen dagegen, dass Laktobazillen in einem Zusammenhang mit einer krankhaften Erhöhung des Histaminspiegels im Darm stehen. In einer Studie zeigte keiner der untersuchten Teilnehmer mit Histaminintoleranz eine erhöhte Anzahl an histaminproduzierenden Laktobazillen, wohingegen es Auffälligkeiten bei der Zahl der Fäulnisbakterien gab. Diese zählen nachweißlich zu den Histaminproduzenten und bei Asthmatikern konnte bereits ein Zusammenhang zwischen Asthmaanfällen und einer stark histaminproduzierenden Darmflora mit diesen Bakterien nachgewiesen werden.
Das Gen für Histaminsynthese ist zudem spezifisch für einen Bakterienstamm, nicht für eine Bakterienart. Allein für L. casei sind über 370 verschiedene Stämme beschrieben, und nur weil einer davon das Histamin-Gen hat, heißt das noch lange nicht, dass dies auch für andere gilt. Ein Beispiel: Beim kommerziell großflächig verwendeten Stamm L. reuteri DSM 17938 konnte beispielsweise kein Histamin-Gen nachgewiesen werden, obwohl es bei anderen Vertretern der Art vorkommt (siehe Auflistung oben). Man müsste also jeden einzelnen Stamm separat untersuchen, um hier eine Aussage treffen zu können.
Gibt es für Histaminintolerante ungeeignete Probiotika-Stämme?
Ob ein Bakterium geeignet für ein Probiotikum ist, sollte nicht nur am Vorhandensein eines Gens für Histaminsynthese festgemacht werden. Denn auch bei "histaminbildenden" Laktobazillen wurde in zahlreichen Studien eine entzündungshemmende Wirkung, z. B. bei chronischen Darmentzündungen, beobachtet. Milchsäurebakterien modulieren das Immunsystem, halten Entzündungen im Zaum, sondern viele nützliche Stoffwechselprodukte ab oder können sogar Histamin abbauen – kurz gesagt: sie sind für uns vorteilhaft. Es gibt derzeit keinen Hinweis darauf, dass eine Dysbiose im Mikrobiom von nützlichen Milchsäurebakterien mit dem Histamin-Gen befeuert wird, ganz im Gegenteil. Hier wird leider viel verunsichernde Fehlinformation verbreitet.
Wie suche ich geeignete Probiotika für Histaminintoleranz aus?
Die Aktivität unseres Immunsystems wird bestimmt von einem Gleichgewicht zwischen symbiotischen und pathogenen Faktoren. Bei vielen Erkrankungen ist dieses Gleichgewicht aus den Fugen geraten und die Darmflora zeigt dabei krankhafte Veränderungen. Diese Dysbiose führt zu Entzündungen in der Darmschleimhaut, die die DAO-Synthese empfindlich stören können und den Darm gleichzeitig durchlässiger für Histamin machen.
Bei gesunden Menschen findet man im Vergleich zu Menschen mit Histaminintoleranz deutlich mehr Laktobazillen und Bifidobakterien – für uns nützliche Bakterien, die durch ihre Stoffwechselprodukte dazu beitragen, dass der Darm gesund bleibt. Mit Probiotika kann man verschiedene für uns günstige Bakterienstämme selektiv von außen zuführen, um die Darmflora zu stabilisieren. Immer mehr Forschungsergebnisse zeigen, dass bestimmte Bakterien eine krankheitsvorbeugende Wirkung haben.
Für einzelne probiotische Stämme wurde ein stimulierender Effekt auf die Darmbarrierefunktion nachgewiesen. Besonders gut erforscht ist diese Wirkung für Bifidobakterien (z. B. Bifidobacterium bifidum), die Darmbeschwerden wie Durchfall oder Verstopfung verbessern können. Bifidobakterien zählen übrigens nicht zu den Histaminbildnern. Unabhängig davon deutet aktuell nichts darauf hin, dass probiotische Stämme, die das Gen für Histaminsynthese in sich tragen, einen negativen Effekt auf Histaminintoleranz haben, ganz im Gegensatz zu pathogenen Keimen mit diesem Gen.
Mittlerweile gibt es eine unüberschaubare Anzahl an Probiotika, davon sollte man sich aber nicht verunsichern lassen. Auch günstige Präparate aus dem Drogeriemarkt enthalten oft wirkungsvolle probiotische Stämme. In teureren Präparaten aus der Apotheke hat man aber die Garantie, dass wirklich die angegebenen Probiotika enthalten sind und die Wirkung auch in Studien nachgewiesen wurde. Probiotika entfalten ihre Wirkung nur über einen langen Einnahmezeitraum und deswegen sind die Kosten durchaus ein relevanter Faktor. Bei der Auswahl geeigneter Präparate kann zunächst ein spezialisierter Facharzt oder die Apotheke weiterhelfen, später kann man aber testen, ob auch günstigere Präparate die erwünschte Wirkung bringen.
Bitte beachten Sie zum Thema auch diesen Blogartikel, in dem wir näher auf häufige Fragen, beispielsweise zur Verträglichkeit eingehen.

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Quellen:
- M. Hrubisko et al., Histamine Intolerance—The More We Know the Less We Know. A Review, Nutrients 13:2228 (2021), 1–21
- https://gold.jgi.doe.gov/organisms?page=1&asc=Organism.Organism+Name&Study.Relevance.ID_options=or&Organism.Organism+Name=Lactobacillus+casei&count=500
- W. Barcik et al., Immune regulation by histamine and histamine-secreting bacteria, Current Opinion in Immunology 48 (2017), 108–113
- M. Schink et al., Microbial patterns in patients with histamine intolerance, Journal of Physiology and Pharmacology 69:4 (2018), 579–593
- H. Wastyk et al., Gut-microbiota-targeted diets modulate human immune status, Cell 184 (2021), 4137–4153
Bild:
Photo by Christina Victoria Craft on Unsplash